Samstag, 20. Mai 2017

Rezension: Der Circle von Dave Eggers

Hallo ihr Lieben!

Heute habe ich eine Rezension zu "Der Circle" von Dave Eggers für Euch, womit ich von meinem Lieblings-Genre "Thriller" etwas abweiche. Den Roman habe ich auch aus einem ganz bestimmten Grund gelesen, denn er wurde mit Emma Watson und Tom Hanks verfilmt und kommt im September in die deutschen Kinos. Außerdem mag ich utopische/dystopische Geschichten und hier dreht sich eben alles um Social Media, die Macht von Medienunternehmen, Transparenz und Anonymität - alles spannende und vor allem aktuelle Themen.
 
Cover: KiWi Verlag
 
Details:
 
  • Taschenbuch: 560 Seiten
  • Verlag: KiWi-Taschenbuch (8. Oktober 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3462048546
  • ISBN-13: 978-3462048544
  • Preis: 10,99


  • Inhalt:

    Die 24-jährige Mae Holland ist überglücklich. Sie hat einen Job ergattert in der hippsten Firma der Welt, beim »Circle«, einem freundlichen Internetkonzern mit Sitz in Kalifornien, der die Geschäftsfelder von Google, Apple, Facebook und Twitter geschluckt hat, indem er alle Kunden mit einer einzigen Internetidentität ausstattet, über die einfach alles abgewickelt werden kann. Mit dem Wegfall der Anonymität im Netz – so ein Ziel der »weisen drei Männer«, die den Konzern leiten – wird die Welt eine bessere. Mae stürzt sich voller Begeisterung in diese schöne neue Welt mit ihren lichtdurchfluteten Büros und High-Class-Restaurants, wo Sterne-Köche kostenlose Mahlzeiten für die Mitarbeiter kreieren, wo internationale Popstars Gratis-Konzerte geben und fast jeden Abend coole Partys gefeiert werden. Sie wird zur Vorzeigemitarbeiterin und treibt den Wahn, alles müsse transparent sein, auf die Spitze. Doch eine Begegnung mit einem mysteriösen Kollegen ändert alles … Copyright Inhaltsangabe & Cover: KiWi Verlag


    Meine eigene Meinung:

    Das schlichte Cover-Design gefällt mir sehr gut, auch wenn das Rot-Orange nicht ganz mein Fall ist. Zu sehen ist das Logo des Circle mit dem unvollendeten Kreis in der Mitte, was zur Geschichte passt, da der Circle eben kurz vor seiner Vollendung steht.

    Die Geschichte hat mich im Großen und Ganzen überzeugt, auch wenn mir teilweise ein roter Faden gefehlt hat. Am Anfang begleitet man Mae Holland an ihrem ersten Arbeitstag beim Circle, wo sie in der Customer Experience anfängt. Dank ihrer Freundin Annie hat sie den Job bekommen. Dort wird sie zunächst mit der Technik vertraut gemacht und bekommt neueste technische Mittel zur Verfügung gestellt. Beim Circle scheint wirklich alles perfekt zu sein: Es gibt ständig irgendwelche Veranstaltungen auf dem Campus, Sänger treten dort regelmäßig auf, es gibt Fitnessstudios und ganz viele Möglichkeiten, um sich selbst einzubringen und zu beteiligen. Außerdem müssen die Circler dort kostenlose Gesundheits-Checks durchführen lassen und ihre Vitalwerte regelmäßig tracken lassen. Zudem können sie neueste Produkte kostenlos testen, eine Krankenversicherung über die Firma beziehen (auch für ihre Familien) und hochmoderne Zimmer im Wohnheim nutzen, wenn sie Lust haben. Allerdings wird auch einiges gefordert: Die Circler müssen partizipieren, also regelmäßig an Veranstaltungen teilnehmen und online über fast alle  Dinge, die sie erleben, schreiben, Kommentare schicken, Smiles versenden. Je stärker die Partizipation, desto höher das Partizipations-Ranking und damit die Beliebtheit bei den anderen Circlern. Wer nicht partizipiert, gilt als asozial und wird angefeindet.
    Natürlich tritt Mae am Anfang in ein paar Fettnäpfchen: Sie verpasst eine Veranstaltung, zu der sie als Neuling eingeladen wurde (woraufhin ein Fall wegen unsozialem Verhalten eröffnet wird!) und sie verlässt den Campus immer pünktlich um 17 Uhr nach Feierabend und nimmt keine der "freiwilligen" Angebote war. Ihren Job erledigt sie allerdings ganz gut, ihr CE-Ranking liegt immer regelmäßig im Bereich zwischen 96 und 100. Als sie von den Chefs darum gebeten wird, nicht nur ihren Job gut zu machen, sondern noch stärker zu partizipieren und sie regelrecht zur Rede gestellt wird, warum sie sich noch nicht großartig beteiligt hat oder online bestimmte Dinge von sich preisgegeben hat, ändert sie schlagartig ihr Verhalten und passt sich immer weiter an. Im Laufe der Geschichte bekommt sie immer mehr Bildschirme auf den Tisch gestellt und muss nicht nur ihren Job erledigen, sondern auch darüber ihren "sozialen Verpflichtungen" beim Circle nachkommen.
    Mit Francis, der ebenfalls einen Job beim Circle hat, und einem mysteriösen Kalden, bandelt sie immer öfter an. Bis Kalden sie schließlich darum bittet, die Vollendung des Circle (die völlige Transparenz) aufzuhalten. Was wird Mae tun? Ist Kalden womöglich ein Spion? 
     
    Am Anfang war mir Mae mit ihrer teils naiven und aufgeregten Art sympathisch, was sich im Laufe der Geschichte allerdings geändert hat (was vom Autor aber sicherlich auch bewusst so gewollt ist, um die negativen Auswirkungen des Circle aufzuzeigen). Sie passt sich immer weiter an, ohne die Auswirkungen der technischen Errungenschaften, die für immer mehr Transparenz und fehlende Anonymität (Ziele des Circle) sorgen, zu hinterfragen.
    Zu ihren Eltern, die ärmliches bis gewöhnliches Leben führen, hat Mae eigentlich ein gutes Verhältnis. Sie sind stolz, dass sie den neuen Job ergattern und sich hocharbeiten konnte und außerdem noch eine kostenlose Krankenversicherung für ihre Mutter und ihren kranken Vater (er hat MS) beziehen konnte. Allerdings sollen ihre Eltern durch SeeChange-Kameras nun auch fortwährend beobachtet werden, alles soll transparent werden. Je stärker der Einfluss des Circle, desto schlechter scheint das Verhältnis zwischen ihren Eltern und ihr zu werden. Auch zu ihrer Freundin Annie, die ebenfalls beim Circle arbeitet, scheint sich das Verhältnis zu verändern. Als ihr Ex-Freund Mercer, der lieber anonym bleibt und online eigentlich gar nichts macht, sie zur Rede stellt und ihr erklärt, dass sie immer weiter den Bezug zur Realität verliert, wird sie wütend und ist uneinsichtig. Die Figuren bleiben im Großen und Ganzen aber relativ blass und bekommen nicht die nötige Tiefe verliehen. Ihre Beweggründe, Gedanken und Motive hätten noch stärker hervorgehoben werden können (gerade bei den Circler-Gegnern).
     
    Spannungstechnisch muss ich sagen, dass die Geschichte erst sehr spät an Fahrt aufnimmt (ungefähr ab den letzten 200 Seiten), da Eggers zunächst die ganze Welt, die er kreiert, erklärt und die Besonderheiten aufzeigt. Aber besonders die Welt hat mich fasziniert. Es gibt eben diesen Circle mit all seinen Parolen ("Teilen ist Heilen", "Geheimnisse sind Lügen",  "Anonymität ist Diebstahl"), der mit all seinen Erfindungen (TruYou: ein einziger Online-Account, der alle Online-Konten miteinander verknüpft und damit Anonymität im Netz unmöglich macht, SeeChange: Kameras überall auf der Welt, die Kriminalität verhindern, etc.) für beinahe absolute Transparenz sorgt (auch immer mehr Politiker werden im Buch gläsern) und alles Wissen kollektiv zur Verfügung stellt. Mit der krassen Partizipation stellt er natürlich unsere heutige Generation an den Pranger und will uns davor warnen, wohin wir uns entwickeln könnten. Allerdings müssten auch hier die perönlichen Konsequenzen noch drastischer aufgezeigt werden, um wirklich zu schockieren.
     
     

    Fazit:

    "Der Circle" ist eine moderne Variante von "Brave New World" und "1984". Eggers entwickelt eine Welt, in der Anonymität und Nicht-Partizipieren im Netz absolute Tabus sind ("Teilen ist Heilen", "Geheimnisse sind Lügen", "Anonymität ist Diebstahl"). Stattdessen muss alles Wissen und  jede Aktivität im Netz festgehalten werden, Partizipation wird ganz groß geschrieben. Diese Welt ist für den Leser faszinierend, erschreckend und sehr detailreich beschrieben, wobei oftmals eine richtige Entwicklung in der Handlung fehlt und auch erst zum Ende hin wirklich Spannung aufkommt. Die Themen, die dort behandelt werden, sind dabei aber hochaktuell und gar nicht so aus der Luft gegriffen. Die Charaktere, deren Gedanken und Motive werden oftmals nur oberflächlich dargestellt und auch die Konsequenzen der nahezu absoluten Transparenz werden nur grob gestriffen, aber nicht drastisch genug dargestellt, um wirklich zu schockieren. Für Fans von modernen utopischen/dystopischen  Geschichten rund um die Macht von Medienunternehmen ist "Der Circle" aber durchaus lesenswert.
     
    3 / 5 Sterne
     


    Hier der Trailer zum Film mit Emma Watson und Tom Hanks:

    3 Kommentare:

    1. Huhu!

      Um das Buch bin ich schon öfter rumgeschlichen, denn das Thema finde ich hochinteressant – gerade weil ich mir nur zu gut vorstellen kann, dass so etwas Wirklichkeit wird.

      Ach, der Vater hat MS? Hmm. Ich habe sehr gemischte Erfahrungen mit Buchcharakteren mit dieser Krankheit gemacht, denn ich lebe selber seit vielen Jahren mit MS und bin manchmal entgeistert, wie absolut falsch die Krankheit dargestellt wird, oder wie sehr der Charaktere ausschließlich auf die Krankheit reduziert und als Last für seine Familie angesehen wird. Aber ich hoffe einfach mal, dass Dave Eggers das gut recherchiert hat und das Buch sich NICHT in die Liste der Bücher einreihen wird, die buchstäblich durchs Zimmer geflogen sind...

      Eine sehr gute Rezension, und auch, wenn das Buch dich nicht 100%ig überzeugen konnte, macht die Rezension doch neugierig auf das Buch. :-)

      Ich habe deinen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt!

      LG,
      Mikka

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      1. Hallo Mikka,

        vielen vielen lieben Dank für dein tolles Feedback und die Verlinkung zu meiner Rezension! :) Ich finde es toll, dass Du dir Zeit genommen hast, um mir einen Kommentar zu hinterlassen. Leider bekommt man häufig sehr wenig Feedback (oder Klicks), wenn man nicht gerade den neuesten Bestseller eines bekannten Autors rezensiert...Aber ich mache eben das, was mir gefällt (Bloggen soll ja auch Spaß machen). Freut mich, dass Dich meine Rezension neugierig gemacht hat, das ist schön zu hören :) Das Buch ist auf jeden Fall lesenswert, wenn man auf die genannten Thematiken steht.

        Ob und inwiefern die Krankheit von Maes Vater im Roman realistisch dargestellt wird, kann ich nicht sagen, da ich mich mit der Krankheit generell nicht so gut auskenne. Sie hat aber auch keine besonders große Rolle gespielt im Gesamtkontext des Romans ;)


        Vielen lieben Dank nochmal und Beste Grüße an Dich!

        - Peter

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      2. Huhu Peter,

        ja, das finde ich auch immer sehr schade, denn gerade die Bücher, die nicht ständig und überall besprochen werden, können doch dennoch sehr interessant sein.

        LG,
        Mikka

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