Sonntag, 8. April 2018

Rezension: Wolfswut von Andreas Gößling

Hallo ihr Lieben!

Ich habe bereits in meinen Neuzugängen davon berichtet, dass mir der Droemer Knaur Verlag einen Überraschungs-Lesetipp zugeschickt hat. "Wolfswut" von Andreas Gößling ist mein erster True-Crime Thriller - also ein Thriller, der lose auf einem wahren Verbrechen beruht (Fall Manfred S.). Und ich wurde keinesfalls enttäuscht, das Buch ist ist für wenig zartbesaitete Thriller-Fans meiner Meinung nach ein Must-Read.

Cover: Droemer Knaur
Details:

  • Broschiert: 528 Seiten
  • Verlag: Knaur TB (12. Januar 2018)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3426521326
  • ISBN-13: 978-3426521328
  • Preis: 14,99  
 Inhalt: 

Ein paar harmlos aussehende Fässer in der Garage ihres verstorbenen Vaters verwandeln das Leben von Lotte Soltau in einen Trümmerhaufen: In den Fässern lagern fünf brutal zerstückelte Frauen, teilweise müssen die Verstümmelungen bei lebendigem Leib zugefügt worden sein. Während Lotte noch versucht zu begreifen, wie ihr Vater, ein geselliger, musisch begabter Mann, zu den Taten eines Serienkillers fähig sein konnte, geschieht ein neuer grausiger Mord, diesmal an einem 16-jährigen Jungen. Und die Tat trägt eindeutig die Handschrift des toten Soltau …
Copyright Klappentext & Cover: Droemer Knaur Verlag  

Meine eigene Meinung: 

Das blutrote Cover gefällt mir persönlich sehr gut, da es einem durch die Farbe direkt ins Auge springt und man erst danach das geschlossene Auge im Hintergrund wahrnimmt. Ich persönlich finde den Titel "Wolfswut" auch total passend, weil im Buch immer wieder auch die Wolfs-Symbolik aufgegriffen wird. 
Die Geschichte hat mich komplett überzeugt - von der ersten Seite an. Lotte Soltau traut ihren Augen nicht: In einer ihr unbekannten Garage, die ihr verstorbener Vater Alex Soltau genutzt haben soll, findet sie nach dessen Tod fünf Fässer vor. Als sie die Fässer aufhebelt, traut sie ihren Augen nicht: In jedem Fass befinden sich Leichenteile von verschiedenen Frauen. Wie kann das sein? Ihr Vater war allseits bekannt und beliebt und konnte keiner Fliege etwas zuleide tun. Oder etwa doch? Aber er hatte doch eine lupenreine Weste, oder etwa nicht? Der Leser wird durch den grausamen Fund direkt in den Bann des Buchs gezogen und stellt sich - ähnlich wie Lotte Soltau - die Frage, ob und wie Alex Soltau zu einer solchen Tat fähig sein konnte, wenn er doch so ein geselliger und gutherziger Mensch war. Der Thriller ist auf jeden Fall nichts für Zartbesaitete, denn während der Untersuchung der Leichenteile kommen schreckliche Details ans Tageslicht: Die gefunden Organe und Körperteile wurden zum Teil mit stumpfer Gewalt rausgerissen, mit scharfen Zangen entfernt und weisen auch Spuren von Kannibalismus auf. Teilweise sollen sie sogar entfernt worden sein, während die Opfer noch lebten. Wenn man bedenkt, dass die Grundstory mit den Fässern in der Realität tatsächlich so passiert ist (Fall Manfred S.), dann muss man beim Lesen zum Teil wirklich schlucken oder zumindest ab und an das Gesicht verziehen.

Soltau kann diese Taten nicht alleine begangen haben, das glaubt zumindest Ermittlerin Kira Hallstein. Um den Fall zu lösen, muss sie sich vor allem mit der Prostitution in Berlin rumschlagen, denn alle Ermordeten waren Prostituierte. In einem Buch des Täters kommen weitere grausige Details ans Licht, die zum Teil wirklich makaber sind.
Als ein weiteres Opfer auftaucht, dieses Mal ein 16-jähriger Junge, gibt es für Hallstein keinen Zweifel mehr: Soltau muss einen Komplizen gehabt haben, der das perfide Spiel nun weiterspielt... Oder ist es doch bloß ein Nachahmer? 
Die Spannung wurde vom Autor sehr gut aufgebaut, da der Leser - genau wie die Ermittler - im Dunkeln tappt und der ganze Fall über einen langen Zeitraum wirklich undurchsichtig scheint. Zum Teil ist auch nicht ganz klar, wer auf der guten oder der bösen Seite steht, denn die Chefin von Hallstein versucht ständig, sie vom Gedanken an einen zweiten Täter/Komplizen abzubringen und scheint den Fall um jeden Preis möglichst schnell abschließen zu wollen.

Gößling gelingt es vor allen Dingen, die Charaktere sehr gut auszuarbeiten. Ermittlerin Kira Hallstein (42) scheint einerseits eine toughe Frau zu sein, die sich eigentlich von nichts so schnell aus der Ruhe bringen lässt, zum Teil ihre eigenen (nicht immer regelkonformen) Ermittlungsmethoden hat und immer mit dem Kopf durch die Wand möchte. Andererseits ist sie innerlich ein gebrochener Mensch, der noch immer mit seiner Vergangenheit zu kämpfen hat: Ihr Bruder Tobi ist verschwunden, als er 17 Jahre alt war. Kira gibt sich hierfür zum Teil selbst die Schuld und hat sehr viel Zeit damit verbracht, nach Tobi zu suchen - erfolglos. Zwischenzeitlich war sie sogar in einer psychiatrischen Klinik untergebracht, weil sie immer wieder Albträume, in denen Tobias vorkommt, hat. Bei ihren Kollegen auf dem Präsidium ist ihre Geschichte bekannt und sie machen ihr Trauma dafür verantwortlich, dass sie offenbar eine Schwäche für jüngere Männer hat.
Bei diesem Fall arbeitet Hallstein zum ersten Mal mit Max Lohmeyer, der rund 10 Jahre jünger ist als sie, zusammen. Er kommt aus Bayern und kann sich sehr gut in andere Menschen und ihre Gefühlslagen hineinversetzen und bildet neben Hallstein eine Art leichten Ruhepol. Insgeheim hat Max ein Auge auf Hallstein geworfen und scheint sie durchaus attraktiv zu finden. Er hadert jedoch immer mit sich selbst und weiß nicht, was an den ganzen Gerüchten um Kira (Psyche, Männerverschleiß, etc.) dran ist. Auch Hallstein scheint sich zwischenzeitlich von ihrem jüngeren, nicht ganz sportlichen Kollegen angezogen zu fühlen. Für den nächsten Teil, der bereits in der Danksagung angekündigt wird, hoffe ich, dass Max noch etwas mehr und stärkere Auftritte bekommt und man auch zu seiner Person noch mehr erfährt.

Mir persönlich hat das Ende sehr gut gefallen, da es eine richtige Überraschung bereithält. Hinzu kommt, dass insgesamt beide Handlungsstränge (Kira's Vergangenheit + Fall Soltau) sehr gut miteinander verwoben werden, so dass am Ende keinerlei Fragen mehr offen bleiben. 

Fazit:  

"Wolfswut" ist nichts für schwache Nerven, aber ein Must-Read für alle Thriller-Junkies. Zartbesaitete sollten lieber die Finger davon lassen. Die Geschichte mit den "Fässer-Morden" ist gespickt von grausamen Details (herausgerissene Gliedmaßen, Andeutung von Kannibalismus, etc.) und der Leser tappt bis kurz vor Schluss im Dunkeln, was es mit dem Komplizen/zweiten Täter auf sich hat. Das Ende überrascht dann noch einmal komplett und kann alle Handlungsstränge geschickt miteinander kombinieren. Gößling gelingt es vor allen Dingen, seine Figuren (besonders Kira Hallstein) so interessant zu machen, dass man als Leser gerne noch weitere Geschichten mit ihnen erleben möchte. 

 5 / 5 Sterne 



Vielen Dank an Droemer Knaur für den überraschenden Lese-Tipp! 

Samstag, 7. April 2018

Rezension: Invisible von Ursula Poznanski und Arno Strobel

Hallo ihr Lieben!

Nachdem mich "Anonym" von Ursula Poznanski und Arno Strobel  richtig überzeugt hat, habe ich einer neuen Zusammenarbeit der beiden Autoren regelrecht entgegengefiebert. Außerdem habe ich gehofft, dass die beiden auch das Ermittler-Duo Nina Salomon und Daniel Buchholz in einem neuen Werk ermitteln lassen - und das haben sie! Was "Invisible", so der Name des neuen Thrillers, betrifft, wurde ich nicht enttäuscht. 
Cover: Wunderlich/Rowolt

Details:

  • Broschiert: 368 Seiten
  • Verlag: Wunderlich; Auflage: 1 (27. März 2018)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3805200153
  • ISBN-13: 978-3805200158
  • Preis: 14,99  

Inhalt: 

Du bist so wütend auf ihn. Du hasst diesen Menschen mehr als alles auf der Welt - obwohl du ihn gar nicht kennst. Und dann schlägst du zu...

Eine Serie von grauenvollen Morden gibt den Hamburger Kriminalkommissaren Nina Salomon und Daniel Buchholz Rätsel auf: Einem Patienten wird während einer OP ins Herz gestochen, ein Mann totgeschlagen, ein anderer niedergemetzelt...Die Täter sind schnell gefasst. Nur ihre Motive sind völlig unbegreiflich, denn keiner von ihnen hat sein Opfer gekannt. Das einzige, was sie verbindet: Die unermessliche Wut auf das Opfer. Und dass sie nicht wussten, was über sie kam.
Kann es sein, dass sie manipuliert wurden? Aber von wem und vor allem: wie?
Was Salomon und Buchholz schließlich aufdecken, wirft ein ganz neues Licht auf die Dinge, die unser Leben so bequem machen...
Klappentext & Cover: Wunderlich Verlag  


Meine eigene Meinung: 

Die Farben des Covers sprechen mich als männlichen Leser (ja, ich greife jetzt wieder in die Klischeekiste) zwar nicht besonders an, aber mir gefällt es grundsätzlich, dass die Gestaltung sehr gut zum vorherigen Thriller der beiden Autoren passt. Außerdem finde ich, dass das Buch eine tolle Haptik hat und mag die Idee, dass man beim Hin- und Herdrehen einen leichten Goldschimmer sieht. 
Die Geschichte konnte mich dieses Mal wieder von Anfang an komplett fesseln. Auf den ersten Seiten verfolgt der Leser eine Szene in einem OP-Saal. Ein Patient soll am Herzen operiert werden, als ein anderer Arzt in den OP-Saal kommt, ein Skalpell in die Hand nimmt und dem Patienten einfach direkt ins Herz sticht. Wieso? - Das ist natürlich die erste Frage, die einem als Leser in den Kopf schießt und ist die zentrale Frage aller Morde, die in diesem Thriller auf unerklärliche Weise zu passieren scheinen. Alle Täter geben an, ihre Opfer noch nie persönlich gekannt zu haben und doch waren sie in einem solchen Wutrausch  zu solchen Taten fähig. Zieht ein unsichtbarer Dritter die Fäden im Hintergrund? Was verspricht er sich davon? Und vor allem: Wer tut sowas, mit welcher Absicht und wie ist es überhaupt möglich, jemanden so zu triggern, dass er jemanden umbringt? Diese Fragen haben auf mich einen unfassbaren Sog ausgeübt, so dass ich immer weiterlesen musste. Zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, dass die Spannung abflaut. Diese wurde kontinuierlich gehalten und zum Ende hin immer weiter gesteigert. 

Dazu beigetragen hat auch der Schreibstil bzw. der Aufbau der Geschichte, denn sie wird wieder einmal aus zwei Perspektiven erzählt - mal aus der Sicht von Nina Salomon, mal aus der Sicht von Daniel Buchholz. Das ist vor allem interessant, wenn man die unterschiedlichen Gedanken zum Fall oder zu verschiedenen Situationen liest. 
Im Vergleich zum ersten Teil fällt deutlich auf, dass sich die beiden Kollegen mittlerweile miteinander angefreundet haben und im Extremfall füreinander einstehen. Außerdem kennen sie beide ihre Macken sehr gut und können einschätzen, wenn es dem anderen nicht gut geht oder er etwas im Schilde führt. 
Nina bringt Daniel beispielsweise mit ihren Alleingängen immer wieder auf die Palme. Diese ist sich zumeist keiner Schuld bewusst und will (auf nicht immer sicherem Wege) die Ermittlungen auf ihre ganz eigene Art vorantreiben. Währenddessen hat Daniel ein (privates) "Problem": Seine Freundin Isabell ist schwanger und er weiß nicht, wie er damit umgehen soll. Die beiden kannten sich noch nicht besonders lange und für ihn scheint es insgesamt ein "eher lockeres Ding" gewesen zu sein; zumindest scheint es für Isabell deutlich ernster zu sein als für ihn. Ob bei den beiden am Ende alles gut ausgeht, lasse ich hier bewusst offen. Ich möchte nicht spoilern, aber bei Isabell hatte ich von Anfang an ein komisches Gefühl. 
Auch im Büro herrscht Chaos:  Kollegin Pia ist absolut genervt von Nina, zunehmend wütend und hat keine Lust, immer wieder scheinbar 'niedere Aufgaben' von ihr zu übernehmen. Auch die anderen Kollegen scheinen zum Teil gereizt zu sein, einer zerkratzt auch noch Daniels teures Auto.  Und als Nina mit dem neuen Kollegen Phillipp Hanke anbandelt und mit ihm ermittelt, schrillen bei Daniel die Alarmglocken. Ist es nur kollegiale (oder doch private?) Eifersucht oder ist Daniels Misstrauen gegenüber Hanke begründet? 

Mir persönlich hat es sehr gut gefallen, dass diese kleinen Erzählstränge (beispielsweise die miese Laune im Büro) eingebaut wurden und das hinterher auch mit der Auflösung des Falls verknüpft war. Die Auflösung des Falls konnte mich ebenfalls komplett überzeugen, da sie für mich nicht zu vorhersehbar war und man aktuelle Themen (Big-Data ist hier das Stichwort) und wirklich wichtige gesellschaftliche Probleme (in dem Fall Mobbing) angesprochen hat. Zum Teil fand ich die Auflösung wirklich tragisch und traurig. 

Fazit: 

Ursula Poznanski und Arno Strobel sind ein unfassbar gutes Autoren-Duo. "Invisible" hat bei mir einen regelrechten Sog ausgelöst. Der Fall war zwar nicht ganz so spannend wie in "Anonym", aber trotzdem mysteriös und undurchsichtig. Ich wollte unbedingt wissen, was es mit den Morden auf sich hat und wurde am Ende nicht enttäuscht. Die Auflösung ist tragisch, traurig und schockierend - wobei wichtige Themen wie Mobbing und Big Data im Spiel sind. Und selbst danach wird es noch einmal spannend... Das Ermittler-Duo Salomon und Buchholz überzeugt auch in diesem Fall - die beiden kennen die Macken des jeweils anderen, ergänzen sich gegenseitig sehr gut und auch ihre Nebenerzählstränge unterhalten. Bitte mehr davon! 
 
 4,5 von 5 Sterne  

Vielen Dank an Wunderlich für die Bereitstellung des kostenfreien Leseexemplars.